Ein Nachruf auf Hanni&Nanni
Ein Nachruf auf Hanni&Nanni

Ein Nachruf auf Hanni&Nanni

Hühner wollt ihr ewig leben?

Im Schnitt, so ist es nachzulesen, werden Hühner etwa fünf bis sieben Jahre alt. An diesen Schnitt halten sich nicht alle meine Damen und auch die Herren nicht. Eins der Hühnchen ertrank – sprichwörtlich – in einer Pfütze. Wir rätseln bis heute, wie ihr das gelingen mochte. Eins fiel dem Zank mit den anderen Damen zum Opfer und wurde vom Tierarzt erlöst. (Lasst bloß nie ein Huhn einschläfern. Auch der fünfte Versuch misslang kläglich.) Einmal in all den Jahren fand ein Marder Zugang und schnappte sich zwei meiner Hennen. Und an einem ansonsten schönen Frühlingsmorgen lag – lang gestreckt und mausetot – Hahn Hubert im Stroh. Ob’s ein Schreck war, der ihm in die Glieder fuhr? Das Herz? Oder beides gar – ich weiß es nicht. Insgesamt aber, so kann ich sagen, ist meine Hühnerhaltung von viel Glück geprägt. Sieht man von einem einmaligen Milbenbefall in bald 9 Jahren Haltung ab, erfreuten sich alle 10 Hühner bester Gesundheit. Bis vorvorvorgestern, als Hanni&Nanni plötzlich nicht mehr auf die Stange kam.

Ja, ich geb mir sehr viel Müh, mit dem lieben Federvieh.

2015 haben die Hühner im Wolfsnest Einzug gehalten. Die ersten Tiere waren Hanni und Nanni, zwei Australorp-Hennen, damals schon knapp zwei Jahre alt. Und kurz darauf schlüpften auch schon die ersten eigenen Küken aus Bruteiern der Arche Warder, unter Rotlicht und in meiner Obhut. Damit versammelten sich unter einem Stalldach drei verschiedene Rassen: Ich wollte unbedingt Brahma haben und in Warder gefielen mir auch besonders gut die Federfüßigen Zwerge. Versuch macht kluch – jedenfalls hat sich bald schon herausgestellt, dass dem kleinen federfüßigen Hahn Henry die Konkurrenz mit dem riesigen Brahma-Hahn Hubert auf’s Gemüt und auch auf’s Ego schlug. Das possierliche Kerlchen wurde aggressiv und legte sich täglich mit der Schuhgröße 47 meines Mannes an. Bis wir Henry erlöst und ihn auf einen Bauernhof verschenkt haben, wonach er noch viele Jahre Hahn im Korb sein durfte und sein unhöfliches Verhalten abgelegt haben soll.

Hubert und seine Damen – Hanni und Nanni, Hedwig, Heiderose, Herta, Helene und die anderen waren von da an ein Herz und eine Seele. Und auch Nachwuchs stellte sich ein und das gleich zweimal in Naturbrut, was deutlich entspannter und sicherlich auch tiergerechter war. Um andere Farbschläge zu halten, hab ich auch einmal Küken zugekauft, die sich – leider – kurz darauf als stattliche Hähne entpuppt haben und also auch wieder Haus und Hof verlassen mussten. Nur einer durfte bleiben und das ist bis heute Hahn Heinrich, der einen guten Job macht und seine Damen bewacht. (Einen Schönheitspreis gewinnt der Heinrich allerdings nicht. ich habs tatsächlich geschafft, den hässlichsten Hahn von allen selbst zu behalten.)

Hanni&Nanni – mehr als „nur“ ein Huhn.

Irgendwann im Lauf der Jahre verstarb auch Hanni. Oder war es Nanni? So genau ließ sich nicht feststellen, welche von beiden sich von uns verabschiedet hat, weil sie einander einfach zu ähnlich sahen. Ja, sie glichen einander wie ein Ei dem anderen. Und so wurde schließlich aus Hanni (oder aus Nanni?) Huhn Hanni&Nanni, meine älteste Dame im Stall. Ein kleines, flinkes und zartes Mädchen. Die Einzige, die fliegen konnte und das auch tat. Wenn es ihr zu bunt wurde mit den Großen und wenn ihr der Heinrich auf die Nerven ging, dann fand sie den Weg zu mir in den Garten, pickte mal hier und mal da, spielte Fußball, beäugte sorgsam, was ich tat, hütete die Ostereier. Und holte sich auf diesem Weg immer eine „Extrawurst“ ab. Bis vorvorvorgestern, als Hanni&Nanni nicht mehr hoch und auf ihre Stange kam.

Ihre letzten Tage auf Erden hat Hanni&Nanni bei uns im Haus im warmen Korb verbracht. Sie war sichtlich geschwächt, grau um Schopf und Augen, blaß um den Kamm; ein altes Mädchen in seinen letzten Zügen. Ein braves, liebes und zutrauliches Tier, dem ich viele Eier zu verdanken habe und dessen sanftes Dahinsterben mich aufrichtig rührt. Wollte sie die ersten Tage noch fressen und trinken und fressen und trinken, begrüßte sie mich vorgestern auch noch mit einem zarten „Gack. Gack.“, so entwich gestern das Leben nach und nach ihren pechschwarzen Federn und es ging hinauf über die Ewige Hühnerleiter direkt hinein in den Hühnerhimmel, wohin sie mit Sicherheit und letzter Kraft geflattert ist.

Manchmal ist ein Huhn „nur“ ein Gericht in der Küche, eine Speise auf dem Teller. Und manchmal doch so viel mehr. Dieser meiner Ambivalenz bin ich mir bewusst. Sie findet auch darin Ausdruck, dass keins meiner Hühner je geschlachtet werden wird. Sie hören einfach auf zu leben, wenn ihre Zeit gekommen ist. Wie Hanni&Nanni, die erst nicht wieder auf ihre Stange kam, und gestern Morgen nicht mehr aufgewacht ist.

Sie wurde stolze zehneinhalb Jahre alt.
Viel mehr ist für ein Hühnchen einfach nicht drin.


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