Aus meinem Leben als Ente
Aus meinem Leben als Ente

Aus meinem Leben als Ente

Ente schlecht, alles gut?

(Beitrag vom 11. Mai 2013)
Immer wieder in den vergangenen Jahren, wenn von der Schneckeninvasion in meinem Garten die Rede war, fiel irgendwo von irgendwem das Zauberwort „Laufente“.
Und immer dann, wenn ich dieses Zauberwort bei S. angesprochen habe, wurden Männeraugen schockstarr: „Die sch…ei..s..n alles zu. Die fressen alles weg. Die machen alles platt. Die ruinieren den Teich. Die fressen die Frösche…“ Die Kette an Gegenargumenten war in sich geschlossen und jeder Kantor hätte seine helle Freude an der Anti-Laufenten-Litanei gehabt.

Entengrütze? Oder Schneckenfraß?

Was also würde heuer verheerender ausfallen?
Der von S. prognostizierte Kollateralschaden durch die Enten?
Oder der obligatorische Kahlfrass durch das Nacktschneckenvolk?

Noch ehe ich diese Frage für mich beantworten konnte, watschelten im April 2013 ein paar Laufenten zu uns ins Wolfsnest. Die Gräben, unser kleiner Teich, der Heuschuppen – ja, es schien ihnen hier zu gefallen. Sie schnäbelten durchs Nass, pickten im Grün und – sie schenkten mir drei Eier. Zwei davon lagen im Heu und eines im stets frisch frisierten Rasen des Nachbarn von rechts, einen Grabensprung entfernt. Die Würfel waren also gefallen.

„Noch können wir zurück; wenn wir diese kleine Brücke überschreiten, wird alles mit Waffen auszutragen sein,“ sprach S.
„Dorthin gehe es, wohin der Götter Zeichen und der Feinde Unrecht ruft. Geworfen ist der Würfel,“ erwiderte ich.

Der Rubikon war überschritten

Enten legen bis zu zwanzig Eier. Sie sammeln sie in einem Nest, bis sie der Ansicht sind, dass es sich nun lohne mit dem Brüten zu beginnen. Ich könne die Eier gerne behalten und wenn ich Lust hätte, sie natürlich auch gerne bebrüten, meinte der Herr der Enten, der Nachbar von links. Also habe ich mich schlau gegoogelt, von Temperaturen, vom täglichen Wenden und Drehen, vom Befruchtungstest mit einer Kerze und über all das gelesen, was eine emsige Entenmutter wissen muss. Die drei kleinen Racker kamen in ein weiches Tuch, in einer Schale ganz oben auf die Therme im Bad, wo die Abwärme für etwas über 30 Grad sorgte. Und von nun an sollte gelten: Zwischen 29 und 30 Tagen Brutpflege rund um die Uhr, eine Entenmutter verlässt ihr Nest nur, um gelegentlich zu trinken oder zu fressen.

Tick und Trick. Track liegt noch im Gras.
Tick und Trick. Track liegt noch im Gras.

Da ich weder als Mutter noch als Leihmutter Erfahrung habe, war mir ein wenig mulmig bei dem Gedanken, so leichten Herzens die ganze Verantwortung für das entstehende Leben übernommen zu haben. Wenig hilfreich waren auch die ermunternden Kommentare meines Gegners von der anderen Seite der Brücke:
„Bald ist es draußen warm, dann schaltet sich die Therme ab. Wer weiß schon, ob die überhaupt befruchtet sind? Und wie lange die da schon lagen?“
Plus seine nimmermüden Verweise auf das Ödland, das wir im in meinem Sinne positiven Verlauf zu erwarten hätten.

Meine eigenen Gedanken waren in etwa wie folgt:
Was, wenn ich morgens unter der Dusche stehe und Tick, Trick und Track schlüpfen ohne jede Ankündigung?
Wie werden Kater Jim und Kater Sam den Neuzuwachs begrüßen? Mit Klauen und Zähnen?
Dürfen Entenküken mit der Lufthansa reisen? Bzw. kann ich beim Boarding begründen, dass wir mitten in der Prägephase sind?
Apropos Prägung: Was muss ich essen, damit mein Trio gleich auf den richtigen Geschmack kommt? Und: Wie bringe ich ihnen bei, dass sie die verdammten Schnecken schlucken sollen, ohne mit gutem Beispiel vorangehen zu müssen?
Wer leistet Geburtshilfe? Und wie schütze ich meine Brut vor S.?

Allesamt: Blindgänger

Das 6 Tage lang durchgeführte und zugegeben semiprofessionelle „Ultraschall“ (Loch in Karton geschnibbelt, Ei reingelegt, mit Kerze beleuchtet usw.) endete mit der traurigen Gewissheit, dass mir meine Entenfreunde „faule“ Eier untergeschoben hatten, wohlweislich im Versuch, meine Brutbereitschaft zu testen.

Vorläufiges Fazit:
Vorerst (vorerst!) wird es im Wolfsnest keinen Entenachwuchs geben.
Tick, Trick und Track wurden feierlich beigesetzt.
Der Aufwand einer Entenmutter ist nicht zu unterschätzen!
Und: Die ersten Schnecken kriechen aus der Erde. Und – wenn mich nicht alles täuscht – haben die schleimspurigen Bauchfüßler einen triumphierenden Zug um ihre Fühler.

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